Forum Romanum und Kaiserforen

Forum Romanum und Kaiserforen
Forum Romanum und Kaiserforen
 
Anders als die meisten griechischen Städte hatte Rom lange Zeit keinen architektonisch konzipierten zentralen Platz. Selbst das Forum Romanum, ehemals ein Sumpfgelände, bestand aus einer eher regellosen Ansammlung altehrwürdiger Kultmale und Heiligtümer, die sich um die Via Sacra gruppierten und einer repräsentativen Platzgestaltung im Wege standen. Durch lang gestreckte Säulenhallen für Handel und Börsengeschäfte wurde im 2. Jahrhundert v. Chr. immerhin teilweise eine einheitliche Rahmung des Platzes erreicht: Nach einem Brand im Jahre 210 v. Chr. artikulierten die führenden Familien Roms ihren politischen Führungsanspruch augenfällig in Baustiftungen, die ihren Namen trugen (Basilica Porcia, Basilica Aemilia und Basilica Sempronia). Für beengte Platzverhältnisse auf dem Forum Romanum sorgten aber nicht nur diese großen und kleinen, politischen und religiösen Bauten, sondern auch die vielen hölzernen Verkaufsstände und nicht zuletzt die unzähligen Ehrenmonumente für verdiente Persönlichkeiten.
 
Erst durch die Baupolitik Caesars und vor allem Augustus' konnte die Weltmacht Rom im 1. Jahrhundert v. Chr. urbanistisch mit den Städten des griechischen Ostens gleichziehen. Während Caesar selbstherrlich das Comitium - das sakrosankte Terrain für die Volksversammlungen - mit einer Ecke seines Caesarforums (Forum Julium) überbaute und das Forum Romanum durch die Verlegung der Rednerbühne axial ausrichtete, verliehen Kaiser Augustus und seine Parteigänger dem Platz einen neuen Glanz, indem sie die Tuff- und Kalksteinarchitektur der Basiliken und der altertümlichen Tempel entweder mit strahlend weißem Marmor verschönerten oder die Gebäude von Grund auf neu errichteten. Zur optischen Vereinheitlichung des Platzes trugen rahmende Bogenmonumente links und rechts des im Jahre 29 v. Chr. eingeweihten Divus-Iulius-Tempels an der Ostseite des Forums ebenso bei wie eine durchgehende Pflasterung des Forumsareals. Das Forum wurde mit seinen Bildern ganz in den Dienst der kaiserlichen Selbstdarstellung gestellt. Gegenüber der grundlegenden Neugestaltung durch Augustus veränderten die späteren baulichen Zufügungen - etwa des Titus- und Septimius-Severus-Bogens - die bestehende Platzkonzeption des Forum Romanum nicht grundsätzlich.
 
Als erste Anlage in der Reihe der Kaiserforen entstand das schon erwähnte Caesarforum, das Caesar 46 v. Chr. einweihte. Das von ihm selbst entworfene bildliche Ausstattungsprogramm des von zweistöckigen Säulenhallen eingefassten, lang gestreckten Platzes, dessen Rückseite von der Fassade des Venustempels dominiert wurde, rühmte Venus Genetrix, die göttliche Stammmutter der Julier, und enthielt also deutlich dynastische Züge. Gleiches galt auch für das benachbarte Augustusforum, dessen Erbauungszeit sich etwa 40 Jahre hinzog. Im Mittelpunkt dieses achsensymmetrisch angelegten Platzes stand der Tempel für den rächenden Kriegsgott Mars Ultor, den der spätere Kaiser Augustus vor seinem Sieg über die Mörder Caesars 42 v. Chr. gelobt hatte. Die Botschaft der Bilder proklamierte die Rolle des Princeps als Vollender der Republik und Begründer einer neuen Ordnung: Die Statuengalerien in den Säulenhallen und den beiden halbkreisförmigen Exedren zu beiden Seiten des Tempels stellten - angeführt vom mythischen Stammvater Aeneas - die Ahnherren des Geschlechts der Julier dem Stadtgründer Romulus und weiteren ruhmreichen Größen des römischen Staates gegenüber. In der Folgezeit wurde das Augustusforum zum Vorbild für zahlreiche Forumsanlagen im ganzen Römischen Reich.
 
Während sich Vespasian mit seinem Friedenstempel (Templum Pacis) von der kriegerischen Thematik des Augustusforums bewusst absetzte und das unter Domitian begonnene und von Nerva vollendete Nervaforum (Forum Transitorium) mit dem Tempel für die Handwerkergöttin Minerva eher populistische Inhalte akzentuierte, griff das im Jahre 112 n. Chr. eingeweihte Trajansforum wiederum Elemente des Augustusforums auf. Die monumentale Anlage wurde von Trajans Militärarchitekten Apollodor von Damaskus entworfen; ihr Grundriss wurde daher häufig mit dem Hauptgebäude eines Militärlagers verglichen. Das Zentrum des säulenumstandenen Platzes nahm kein Tempel, sondern die Basilica Ulpia ein, die wie ein Querriegel die zwei Bibliotheken, die Trajanssäule sowie den erst unter Hadrian vollendeten Kaiserkulttempel für Trajan vom Forum abtrennte. Die Darstellungen der Skulpturen- und Reliefausstattung verherrlichten vor allem die militärischen Erfolge des Kaisers und seiner Legionen: Statt mythischer Gestalten wurden der Kaiser als siegreicher Feldherr, gefesselte Daker, die Herrscherfamilie, Siegesembleme und Opferrituale vor Augen geführt.
 
Dr. Johanna Fabricius
 
 
Das alte Rom. Geschichte und Kultur des Imperium Romanum, bearbeitet von Jochen Martin. Mit Beiträgen von Jochen Bleicken u. a. Gütersloh 1994.
 Bianchi Bandinelli, Ranuccio: Rom, das Zentrum der Macht. Die römische Kunst von den Anfängen bis zur Zeit Marc Aurels. Aus dem Italienischen übersetzt von Marcell Restle. München 1970.
 Coarelli, Filippo: Rom. Ein archäologischer Führer. Aus dem Italienischen. Freiburg im Breisgau u. a. 41989.
 
Römische Kunst, herausgegeben von Bernard Andreae. Freiburg im Breisgau u. a. 41982.
 Simon, Erika: Augustus. Kunst und Leben in Rom um die Zeitenwende. München 1986.

Universal-Lexikon. 2012.

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